Vom 8. bis zum 15.Januar 2023 war ich zum ersten Mal seit Beginn des Krieges endlich wieder einmal in der Ukraine. Für Lifeline war es wichtig, einerseits alle laufenden Projekte wieder einmal zu besuchen. Andererseits wollte ich auch sicherstellen, dass unsere geliefertenHilfsgüter (im vergangenen Jahr lieferten wir Hilfsgüter im Wert von ca. 800'000 Franken) richtig gelagert, administriert und an die entsprechenden Stellen (Kinder- und Flüchtlingsheime, Suppenküchen, Spitäler, etc.) verteilt/weitergeleitet werden. Dank unserer permanenten Unterstützung verschiedener Institutionen sowie der Bevölkerung, bekam ich die Erlaubnis, viele Orte zu besuchen und kam mit vielen traurigen, bewegenden aber auch mit sehr viel motivierenden Eindrücken aus der Ukraine zurück.
Mein erster Besuche galt Mykola, dem Direktor der Hotelfachschule (wo unsere Suppenküche seit vielen Jahren untergebracht ist), der mich über seinen wirklich grossen Einsatz bei der Herstellung von Brötchen, Sandkuchen, Fleisch/Buchweizen-Konserven in Gläsern und Würsten für die Bevölkerung orientierte (s.a. unter Lifeline-Homepage/Neuigkeiten vom 1.11.2022). Während des vergangenen Jahres war es ihm möglich, mit Hilfe unserer unlängst gesponserten neuen Teigknet- und Gemüseschneidmaschine 15’8769 Brötchen, 1'284 kg Sandkuchen, 40kg Wurstwaren sowie 13'286 Konserven mit Fleisch/Buchweizen, abgefüllt in Gläsern, die er von Menschen auf der Strasse erhält, an die Bevölkerung abzugeben.
Der Besuch in der Jüdischen Schule No. 41war trotz der momentanen Pause (um Strom zu sparen wurde der Januar als schulfrei deklariert, dafür endet das Schuljahr erst Ende Juni, wenn die Tage länger werden) sehr hilfreich. Ich erfuhr, dass die Schule eine von wenigen ist, welche die Erlaubnis hat, ihren Schulbetrieb aufrecht zu halten. Dies, da die Schule sämtliche Sicherheitsbestimmungen (z.B. Sandsäcke vor den Fenstern) erfüllt, Flüchtlinge in einem Schulzimmer unterbringt und einen ausgebauten Luftschutzkeller hat, wo jedes der 350 Jugendlichen ihr eigenes «Notfalltäschli» mit ein paar Lebensmittel, etc. hat.
Man berichtet mir auch, dass sämtliche russische Literatur aus dem Schulbetrieb entfernt wurde, natürlich auch die Sprache sowie Denkmäler wie z.B. das berühmte Katharinendenkmal in Odessa. AuchStrassennamen wurden geändert wie z.B. die ehemalige Puschkina, die heute neu Oleg Pantschuk (ein berühmter Wissenschaftler der Uni Czernowitz) heisst.
Speziell bewegend waren die Besuche in einigen Flüchtlingsheimen wohin Lifeline regelmässig Nahrungsmittel, Medikamente und Kleider liefert. Die Situation in den meist überfüllten Heimen ist meist sehr traurig. In einem ehemaligen Studentenheim wohnen 96 Personen (ca. 40 Familien), viele Kinder haben keine Eltern mehr und viele der Flüchtlinge im Heim haben alles verloren. DieErwachsenen sitzen infolge der schlechten Beschäftigungslage meist nur herum, wissen nicht was mit sich anzufangen; doch um etwas Freude in die Familien zu bringen, wird mit den Kindern gearbeitet und gespielt, die dann etwas Leben in die tristen Familien bringen.
Angenehm war das Treffen mit Oleksyi Boyko, dem Bezirkshauptmann des Oblastes Czernowitz, mit welchem wir die Installation eines von einem deutschen Unternehmen gesponserten gasbetriebenen Blockheizkraftwerkes (BHKW) besprachen.
Überaus freundlich wurde ich mit Brot und Salz im staatlichen Blutspendezentrum Czernowitz empfangen. Im vergangenen Jahr unterstützte Lifeline dieses äusserst wichtige Institut mit grossen Mengen von Medikamenten wie auch mit Geräten wie z.B. Mikroskopen, Analysegeräten, Zentrifugen und Tiefkühltruhen bis minus 70 Grad sowie auch einem Auto, um Blutkonserven zu transportieren.
Nebst der eigenen, seit über zehn Jahren von Lifeline betriebenen Suppenküche, besuchte ich eine Suppenküche, welche das Kolpingwerk in Partnerschaft mit Lifeline betreibt und wo täglich an die 550 Flüchtlinge mit einer warmen Mahlzeit verpflegt werden. Auch dort hatte ich die Gelegenheit mich mit vielen (dankbaren) Flüchtlingen und Kindern zu unterhalten, welche mir über Ihr trauriges Schicksal berichteten.
Der kurze, aber für mich äusserst nachhaltige, Besuch zeigte mir einmal mehr, wie wichtig die von Lifeline erbrachten Hilfeleistungen für die Bevölkerung in der Ukraine, umso mehr in Zeiten des anhaltenden Krieges, sind. All dies könnten wir nicht Dank grosszügigen Spenden von vielen Freunden und Bekannten vollbringen und wir hoffen, dass dies auch im laufenden Jahr 2023 möglich sein wird.
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Über meine Reise nach Czernowitz habe ich einen ausführlichen Reisebericht verfasst, den Sie hier herunterladen können.